Das Baby im Elternbett? Warum die Sorge um die Sicherheit ein Nebenkriegsschauplatz ist.

Das Baby im Elternbett? Warum die Sorge um die Sicherheit ein Nebenkriegsschauplatz ist.

Das Baby im Elternbett? Warum die Sorge um die Sicherheit ein Nebenkriegsschauplatz ist.

Was ist der richtige Schlafort für ein Baby? Wir nehmen stillschweigend an, dass das Baby in sein Bettchen gehört. Diese Vorstellung haben werdende Mütter, wenn sie das Leben mit dem Neugeborenen planen und das zukünftige Kinderzimmer einrichten. Wie könnte es auch anders sein? Wenn man in einen Ausstattungsladen für Babys geht, sieht man ein Meer von Stäbchenbetten mit hübschen Betthimmeln, die alle nahelegen: Da gehört das Baby selbstverständlich hin. Alles andere wäre eine Abweichung von der Norm. Interessanterweise haben wir diese Vorstellung in der Schwangerschaft noch lange bevor wir die Diskussion über die Babysicherheit in aller Wucht mitbekommen. Es ist einfach ein tief verankertes Bild. Die Sicherheitsargumente kommen erst später dazu und rechtfertigen eigentlich nur das Verhalten, das lange vorher festgelegt war.

Wenn das Baby dann da ist, merken wir schnell dass das getrennte Schlafen nicht so leicht klappt, wie wir es uns ausgemalt hatten. Babys werden oft wach und fordern unsere Präsenz ein. Sie wollen und können nicht alleine schlafen. Es fängt das Hadern mit sich selbst, weil die vorgeformte Vorstellung nun ins Schwanken kommt. Darf ich? Darf ich nicht? Ist es gut? Ist es schlecht? Tief im Inneren spüren wir, dass das gemeinsame Schlafen natürlich ist, weil es sich gut anfüllt, und weil das Baby es möchte. Das nächtliche Stillen ist leichter und alle schlafen friedlicher.

Nur nicht zu früh freuen. Jetzt melden sich „Experte“ zum Wort uns sagen: „Es ist gefährlich!“ Der Preis des Vergnügens kann nicht minder sein als die Gefahr des plötzlichen Todes des Säuglings – eine Horrorvorstellung aller Eltern, die schreckliche Angst schürt. Genau erklären können Experte diesen vermeintlichen Zusammenhang jedoch nicht. Faktoren wie die Überhitzung oder der CO2-Rückstoß ziehen bei genauen Untersuchungen nicht.* Was ist also der wahre Grund, der uns davon hindert, mit unserem Baby im Frieden zusammen zu schlafen wie es alle Säugetiere tun, zur Gattung welcher wir Menschen auch gehören?

Im weltweiten kulturellen Vergleich erscheint die Selbstverständlichkeit des separaten Schlafens des Babys gar nicht mehr so selbstverständlich sondern findet nur in den westlichen Kulturen statt. Selbst innerhalb der westlichen Länder schlafen Eltern mit Babys eher zusammen, wenn sie Einwanderer sind oder ihre Wurzeln aus dem nicht-europäischen Ausland stammen.* In Asien, Afrika oder Südamerika ist das gemeinsame Schlafen normal und selbstverständlich. Interessant, dass ausgerechnet in den westlichen Ländern Babys vom plötzlichen Kindstod am häufigsten gefährdet sind. Das Auftreten des Phänomens in Asien z.B. beträgt nur ein Bruchteil der Raten von USA oder Westeuropa.* Unter Tieren ist dieses Phänomen völlig unbekannt. Die Menschenaffenbabys schlafen an der Seite ihrer Mutter bis zum Alter von fünf Jahren, auch wenn die Mutter bereits neuen Nachwuchs hat. Das Phänomen ist daher kultureller Natur, das den Menschen in den westlichen Ländern anhängt.

Was ist also mit uns los – den Westeuropäern und den Nordamerikanern? Was zeichnet die westliche Mentalität aus? Warum fürchten wir uns davor, mit unseren neugeborenen Kindern zusammen zu schlafen?
Unsere westliche Kultur ist auf die Individualität getrimmt, nicht auf die Gemeinschaft oder Solidarität. Sie ist auf das Dominieren des Stärkeren aufgebaut, nicht auf dem Mitgefühl mit dem Schwächeren. Die Durchsetzungskraft im Verdrängungswettbewerb ist erstrebenswert, nicht ein Teil der Gemeinschaft zu sein. Jeder von uns möchte den möglichst hohen Status und den Wohlstand erreichen und den größten Stück vom Kuchen abhaben. Auch wenn wir alle sehr nett tun, leben wir in permanenter Konkurrenz und laufen ausgestreckten Ellenbogen. Wir halten die Unabhängigkeit für gut und die Abhängigkeit für schlecht, auch wenn es um kleine Kinder geht, die per se abhängig sind. Wir möchten aber, dass sie von uns so schnell wie möglich unabhängig werden, am besten gleich nach der Geburt, dass sie alleine einschlafen, alleine durchschlafen, später alleine spielen und uns bei unserem Erwachsenenleben am liebsten gar nicht stören. Ihre Abhängigkeit von uns fühlt sich an wie ein Klotz am Bein, nicht wahr? Was passt nicht zu dieser Mentalität?

Die Nähe! Die Nähe und Intimität passen nicht in die westliche Mentalität hinein – die Nähe zum Nächsten, die Wärme des menschlichen Körpers und die Intimität der menschlichen Beziehung. Die Nähe lässt die Schutzschilder fallen und offenbart unser verletztes Inneres. Die Nähe bietet Angriffsflächen und macht uns verwundbar. Diese Gesellschaft produziert verletzte Menschen, die nicht in der Lage sind, emotionale Nähe einzugehen. Die Nähe macht uns Angst. Die Nähe tut uns weh.

Und da kommt ein Baby auf die Welt, das nach Nähe schreit. Wir verstehen zwar, dass das Baby es braucht, können es ihm aber nicht geben. Wie täuschen die Nähe nur vor und bleiben emotional weit entfernt. Und wo und wann ist die Nähe so spürbar, so greifbar und so offensichtlich wie beim Schlafen? Im Schlaf sind wir schlapp und wehrlos, die Masken sind abgelegt. Wenn wir mit unserem Baby zusammen schlafen, dann bekennen wir uns zur Nähe zu ihm. Wir sagen und zeigen es offen, dass wir zusammen sein wollen und es auch können, Expertenmeinungen hin oder her. Es geht nicht um die vermeintliche Sicherheit des gemeinsamen Schlafens. Es geht um die Nähe, die wir nicht aushalten können, die uns zu nah geht, die uns zu viel abverlangt und die uns weh tut. Die Nähe, die wir selbst als Kinder so sehr gebraucht und nicht bekommen haben. Jetzt tun wir unseren Kindern das Gleiche an, was uns widerfahren ist und uns emotional abgestumpft hat.

Wenn wir das Baby fragen, wo es schlafen möchte, was zeigt uns das Baby mit seinem Verlangen? Es will in keinem anderen Ort sein, als an der Seite seiner Mutter, auch und vor allem beim Schlafen. Es kann nicht und soll nicht alleine schlafen. Es ist gegen seine Natur und verletzt seine Psyche. Das Baby kommt auf die Welt mit intakten Instinkten, die uns zeigen, was es braucht. Wir müssen blind sein, um nicht zu sehen, was es verlangt und herzlos sein, um ihm es nicht zu geben.

* Quelle: Mother–Infant Cosleeping, Breastfeeding and Sudden Infant Death Syndrome: What Biological Anthropology Has Discovered About Normal Infant Sleep and Pediatric Sleep Medicine. YEARBOOK OF PHYSICAL ANTHROPOLOGY 50:133–161 (2007)

Inga Erchova ist Dipl.-Psychologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Autorin und dreifache Mutter. Erfahre mehr über sie und ihre Arbeitsweise…

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Psychotherapie am Telefon oder über Skype

Nicht immer müssen wir mit dem Therapeuten im gleichen Raum sein. Das Telefon bietet den Vorteil, dass man in vertrauter Umgebung eigener vier Wände bleibt und sich dadurch besser öffnen kann. Bei einer Sitzung über Skype vergisst man oft die räumliche Distanz und einige Zeitzonen Zeitunterschied.

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Psychotherapie rund um die Geburt

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Beim Kinderwunsch
Ein Kind zu empfangen ist nicht ausschließlich eine körperliche Angelegenheit, auch wenn die Reproduktionsmedizin dies stillschweigend suggeriert. Oft besteht auf der Körperebene gar kein sichtbarer Grund für die Kinderlosigkeit. Dann müssen wir in der Seele suchen nach unbewussten Gründen oder Konflikten, die dem Traum vom eigenen Kind im Wege stehen.
Die Gebärmutter wird zum weicheren und empfangsfähigeren Ort für die Einnistung, wenn sich die Seele dem zukünftigen Kind gegenüber öffnet, wenn wir ein besseres Körpergefühl bekommen und unbewusste Konflikte aufarbeiten. Eine Psychotherapie kann auch begleitend zu den medizinischen Maßnahmen durchgeführt werden.

In der Schwangerschaft
Manche werdenden Mütter empfinden ambivalente Gefühle während der Schwangerschaft. Neben der Freude kann auch die Traurigkeit aufkommen oder der Zweifel an den eigenen Fähigkeiten als Mutter. Angst oder Panikzustände sind nicht selten. Gründe dafür liegen fast immer in der eigenen Kindheit. Zusammen können wir in die Vergangenheit schauen und alte Verletzungen aufarbeiten. Ganz nebenbei bereiten wir uns emotional auf die Geburt und auf die zukünftige Mutterschaft vor.

Die Geburt
Man stellt sich eine Geburt vor und man hat eine völlig andere Geburt am Ende. Oft fällt es uns schwer, die Geburt zu akzeptieren, die wir tatsächlich erlebt hatten. In einigen Fällen hinterlässt die Geburt so große seelischen Verletzungen, dass ein weiteres Kind unvorstellbar wird. Ist es möglich, eine traumatische Geburt zu verarbeiten? Ja, es ist möglich. Zusammen können wir die Entwicklung der Geburt nach verfolgen und als ein Zusammenspiel von fremden Einflüssen und eigenen typischen Verhaltensmustern besser verstehen und verarbeiten.

Das Wochenbett
Das Wochenbett ist eine völlig andere Dimension des Seins, die wir vielleicht nur mit dem Zustand der Trauer beim Verlust einer nahestehenden Person vergleichen können. Das gesamte Gefühlsempfinden verändert sich. Gefühle überschlagen sich: Die Freude und Verzweiflung, der Stolz und die Trauer. Und dann noch zerrende Einsamkeit, auch inmitten von vielen Menschen, da niemand uns wirklich versteht. Manchmal kostet es Überwindung, für das neugeborene Kind zu sorgen, dann ist es die höchste Zeit, professionelle Hilfe aufzusuchen. Die Zeit des Wochenbetts bietet eine einmalige Gelegenheit im Leben einer Frau für einen ehrlichen Blick in die eigene Vergangenheit. So können alte ungelöste Konflikte aufgearbeitet werden, die sonst die Beziehung zum Kind belasten würden.
Oft spielt die Akzeptanz der seelischen Veränderungen bei junger Mutter durch den Partner eine große Rolle. Die Elternbeziehung kommt auf den Prüfstand. Daher macht das Einbeziehen des Vaters in die Therapie im Wochenbett sehr viel Sinn.

Über mich

Inga Erchova ist Dipl.-Psychologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Autorin und dreifache Mutter. Erfahre mehr über sie und ihre Arbeitsweise…

Mein Buch

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