Wir habe es getan – drei Wochen lang habe ich mit meinen drei Kindern Russland bereist. Vier Städte haben wir besucht: Kazan und Joschkar-Ola an der Wolga, danach Moskau und St. Petersburg. Wir sind mit Booten und Schlafzügen gefahren, unbekannte private Mitfahrt für 300 km in Anspruch genommen, mit schweren Koffern mit der U-Bahn gefahren, die Wolga und Leninstatuen gesehen, Kunstgalerien, königliche Residenzen und einfache private Ein-Zimmer-Wohnungen besucht. Bunter könnte es kaum gewesen sein.

Zugegeben, im Züge der Reisevorbereitung hatte ich weiche Knie: Ob alle Schnittstellen und Überfahrten klappen werden, ob ich mich mit dem Geld nicht verkalkuliert habe und natürlich, wie meine Kinder das unbekannte Land erleben werden? Sie waren noch nie vorher in Russland und hatten noch nie ihre russischen Großeltern und die Tante live erlebt (durch Skype natürlich schon). Sie sprechen kein Russisch und waren „Ausländer“ in meinem Herkunftsland.

Ich war auch aufgeregt, nach elf Jahren meine Eltern wieder zu sehen. Wir hatten früher kein einfaches Verhältnis (nicht umsonst zieht man ja Tausende Kilometer von seiner Herkunftsfamilie weg) und ich hatte die Sorge, ob die alten Themen nicht wie eine Wand wieder zwischen uns wachsen werden. Doch die Begegnung und die gemeinsamen Tage verliefen in gelöster und guter Stimmung. Meine Kinder hatten keine Berührungsängste mit ihrer bisher unbekannten Verwandtschaft. Die Sprachbarriere stellte kein so großes Problem dar, besonders mit der dreijährigen russischen Nichte. Ich habe meine Kinder aufgeschlossen für Neues erlebt.

Uns so ist das Reisen – man verlässt sein gewohntes Umfeld und schaut über den Tellerrand hinaus. Zurück in unsere überschaubare Kleinstadt kamen wir ein wenig verändert, bereichert und ein ganzes Stück gereift. Nun kann uns der Alltag wieder einholen.